Sage Sorapiss

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Die Sage von Sorapiss – Vaterliebe in Stein gemeißelt

Der majestätische Monte Sorapiss, dessen Gipfel bis auf 3.205 Meter in den Himmel der Dolomiten ragt, trägt nicht nur einen klangvollen Namen, sondern auch eine tief bewegende Legende in sich. Es ist die Geschichte von König Sorapiss, einem weisen, gütigen Herrscher, der über ein sagenhaft schönes Bergreich herrschte – und dessen Herz einzig und allein seiner geliebten Tochter Misurina gehörte.

Misurina war von betörender Schönheit, doch ebenso eitel und verwöhnt. Als sie von einem ganz besonderen Schatz hörte – einem magischen Spiegel, im Besitz einer Fee auf dem Monte Cristallo, der die Zukunft vorhersagen konnte – verlangte sie voller Ungeduld nach diesem wundersamen Objekt. König Sorapiss, bestrebt, seiner Tochter jeden Wunsch zu erfüllen, versuchte zunächst, sie zur Vernunft zu bringen. Doch Misurina blieb unerbittlich. Der Vater gab nach und begleitete sie schweren Herzens zur Feenkönigin.

Auf dem Gipfel des Monte Cristallo angekommen, flehte der König die Fee an, seiner Tochter den Spiegel zu überlassen. Diese aber zeigte sich unnachgiebig – bis sie schließlich eine einzige, bittere Bedingung stellte: Sorapiss müsse sich selbst in einen Berg verwandeln, dessen gewaltiger Schatten ihren zarten Blumengarten vor der brennenden Sonne beschützen würde.

Aus grenzenloser Vaterliebe willigte Sorapiss ein. Während sein Körper langsam zu Fels und Gestein erstarrte, taumelte Misurina, erschüttert von dem Opfer ihres Vaters, am steilen Hang – und stürzte in die Tiefe. In diesem Moment, voller Verzweiflung, begannen Sorapiss’ Augen zu tränen, so heißt es. Aus diesen Tränen entstand ein See – der Lago di Misurina. So wurde Sorapiss zum Berg, rau, mächtig, wachend – und Misurina zum See. Wer heute an den Ufern des Misurinasees oder am Lago di Sorapis steht und den Blick zu den Gipfeln hebt, der kann – so erzählen es sich die Menschen in den Dolomiten – vielleicht noch den Schatten der Fee und das Echo von Misurina spüren.

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